Gesetzliche Gewährleistungen für Menschen mit Beeinträchtigungen in der Ukraine: vom Ende des Ersten Weltkriegs bis zur Unabhängigkeit

Verfasser: Daria Simachenko, Studentin der Geschichte an der Universität Černivci



Angesichts der Tatsache, dass nach dem Ersten Weltkrieg ukrainische Gebiete von verschiedenen staatlichen Behörden regiert wurden, gab es in jedem dieser Staaten eine unterschiedliche Gesetzgebung für Menschen mit Beeinträchtigungen. Einige dieser Gesetze werden hier in ihrer historischen Entwicklung vorgestellt:


Schema


Die erste verschriftlichte Erwähnung des Begriffes „Behinderung“ in einem Gesetzestext wurde in der Ukrainischen Volksrepublik (UVR) angeführt. Die vierte Grundsatzerklärung, Universal genannt, beinhaltete den folgenden Passus:

„Der Krieg brachte Hunderttausende Arbeitslose und Menschen mit Beeinträchtigung hervor. In der unabhängigen und selbständigen Volksrepublik Ukraine sollte keine Arbeitskraft leiden. Die Regierung der Republik muss die Industrie des Staates wachsen lassen, kreative Arbeit in allen Bereichen einführen, in denen alle Arbeitslosen Arbeit finden könnten und ihre Kräfte aufbieten können, und alle nötigen Maßnahmen ergreifen, um für die Verkrüppelten und Kriegsopfer zu sorgen.“

Zunächst mussten die Kriegsinvaliden sozialisiert und in die Gesellschaft reintegriert werden. Die verabschiedeten Gesetze hatten dabei einen deklarativen Charakter. Während der Existenz des Hetmanats 1918 unter Pawlo Skoropadskyj (1873-1945) wurde das Ministerium für Gesundheit und staatliche Vormundschaft eingerichtet. Auf den Grundlagen dieser staatlichen Einrichtung wurden aktiv Unterstützungsmaßnahmen für Menschen mit Beeinträchtigungen eingeführt: Prothesen, Sanatoriumsbehandlungen, Schulungen usw.

In der Zwischenkriegszeit gehörte ein Teil der westukrainischen Länder zu Polen, wo ein Ministerium für Arbeit und Soziale Vormundschaft eingerichtet wurde. Eine der Abteilungen war die Abteilung für Kriegsinvalide, die für die Pflege und Versorgung der Kriegsinvaliden zuständig war.

Die Zeit der ukrainischen SSR hatte den größten Einfluss auf die moderne ukrainische Gesetzgebung für Menschen mit Beeinträchtigungen. Das Arbeitsgesetzbuch der ukrainischen SSR von 1922 enthielt Bestimmungen zur Befreiung der Kriegsinvaliden und der arbeitsunfähigen Personen von der Pflichtarbeit. Basierend auf deren Regelungen wurde eine Sozialversicherung in Form von materieller Unterstützung bereitgestellt.

Die Klassifizierung von „Behinderung“, existiert auch heute noch in den postsowjetischen Ländern: 1932 wurde ein Gesetz über eine neue Klassifizierung von Behindertengraden verabschiedet. Darin wurde festgelegt, dass es nur noch drei Behindertengrade gibt:

  • I - Menschen, die ihre Arbeitsfähigkeit völlig verloren haben und Pflege bedürfen
  • II - diejenigen, die die Möglichkeit verloren haben, um einen Beruf ausüben zu können
  • III - können in ihrem Beruf nicht systematisch und regelmäßig arbeiten und die dafür erforderlichen Fähigkeiten und die Leistung erbringen, aber sind ansonsten berufsfähig

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde dieses Problem dringlicher, da die Anzahl der Menschen mit Beeinträchtigung im Land stark zunahm. Der Status der Kriegsinvaliden wurde von der medizinischen Arbeitsexpertenkommissionen (MAEK) individuell festgelegt und konnte nach einer persönlichen Überprüfung auch wieder aberkannt werden. Im Februar 1946 war die Verteilung nach Behinderungsgraden wie folgt:

  • 7.941 Menschen mit I. Behinderungsgrad
  • 189.560 Menschen mit II. Behinderungsgrad
  • 264.954 Menschen mit III. Behinderungsgrad

Viele Menschen mit Beeinträchtigungen wurden in spezielle Einrichtungen und Unterkünften gebracht, die als „Behindertenheime“ bezeichnet wurden und in denen die Personen mit besonderem Förderbedarf dauerhaft untergebracht waren. Die bekannteste derartige Institution in der Sowjetunion war das Walaamskij-Lager. Dort wurden die arbeitsunfähigsten Invaliden aus dem Gebiet der Sowjetunion gebracht.

In der Sowjetunion wurden nicht nur die Rechte von Kriegsinvaliden, sondern auch von Arbeitsinvaliden oder von Menschen, die seit ihrer Geburt unter einer Beeinträchtigung litten, festgelegt. Am 14. Juli 1956 wurde das Gesetz der Sowjetunion Über staatliche Renten eingeführt. Personen, die während des Einsatzes für den Staatsdienst Behinderungen erlitten, bekamen das Recht auf eine staatliche Rentenversorgung

Am 18. April 1975 wurde ein Regierungsdekret eingeführt, um die Lebensbedingungen der Kriegsinvaliden und ihrer Familienangehörigen weiter zu verbessern. Dieser Entschluss wurde in den Jahren 1980 und im Jahre 1988 mehrfach geändert und ergänzt. Es ist auch darauf hinzuweisen, dass die Verfassung der ukrainischen SSR ebenfalls Artikel dazu enthielt. So garantierte Artikel 41 der Verfassung der ukrainischen SSR von 1978, dass:

„Bürger der ukrainischen SSR das Recht auf materielle Sicherheit im Alter bei Krankheit, vollständiger oder teilweiser Arbeitsunfähigkeit sowie beim Verlust eines Ernährers haben. Dieses Recht wird durch die Sozialversicherung von Arbeitnehmern, Beamten und Kollektivbauern sowie durch Leistungen bei vorübergehender Arbeitsunfähigkeit garantiert. Zahlungen für Alters-, Invaliditätseinschränkungen und den Verlust des Ernährers übernehmen der Staat und die Kollektivbetriebe; für die Pflege für Ältere und Menschen mit Beeinträchtigung greifen andere Sozialsicherungsmechanismen.“

Ebenfalls in der ukrainischen SSR wurde am 27. März 1986 folgende Resolution eingeführt Über Maßnahmen zur weiteren Verbesserung der Lebensbedingungen der Menschen mit „Behinderungen“ in der Kindheit. Diese Maßnahmen betrafen Barzahlungen und logistische Aspekte sowie technische Gewährleistungen. Zudem wurde der Gruppe von Menschen mit besonderen Bedürfnissen eine staatliche Unterstützung garantiert.

Die Tschernobylkatastrophe schuf noch eine weitere Gruppe von Menschen, die Beeinträchtigungen erlitten. Am 1. April 1991 wurde das Gesetz der ukrainischen SSR „Über den Status und den sozialen Schutz der vom Tschornobyl-Unfall betroffenen Bürgerinnen und Bürger“ erlassen, das Betroffene unterstützen sollte.

Die Rechtsgrundlage für die Gewährleistung der staatlichen Unterstützung für Menschen mit Beeinträchtigungen hat somit einen langen Weg zurückgelegt. Die Ergebnisse der beiden Weltkriege zwangen die staatlichen Verwaltungen, neue Vorschriften auszuarbeiten, die nicht unterschiedliche Personengruppen betrafen, und Hilfe garantierten. Darüber hinaus wurden einige Bestimmungen über den Umgang mit Behinderung in der Verfassung der ukrainischen Sozialistischen Sowjetrepublik verankert.