Die Rolle der NGOs bei der Inklusion von Menschen mit Beeinträchtigungen in Černivci und Umgebung

Verfasser: Ilja Sutajew, Student der Sozialen Arbeit an der Universität Černivci



Während des Projekts haben wir erfolgreich mit mehreren regionalen NGOs von Menschen mit Beeinträchtigungen und ihren Vertreterinnen und Vertretern zusammengearbeitet. Im Rahmen der Studie wurde ein Interview mit Valentyna Dobrydina geführt, einer Vertreterin der NGO Lider (dt. Führer), der gesamtukrainischen NGO Nationalversammlung von Menschen mit Beeinträchtigung der Ukraine und einem Mitglied des Barrierefreiheitsausschusses der staatlichen Gebietsverwaltung von Černivci. Das Interview wurde geführt, um mehr über Veranstaltungen und Projekte (die im Rahmen der jeweiligen Tätigkeit organisiert werden), Spezifika ihrer Finanzierung und über die Art und Weise der Zusammenarbeit des öffentlichen Sektors mit den Vertreterinnen und Vertreter der staatlichen Regierung herauszufinden.

Frau Dobrydina erwähnte, dass sie selbst über eine 10-jährige Erfahrung im Bereich des öffentlichen Dienstes verfügt, darüber hinaus ist sie selbst auf einen Rollstuhl angewiesen, was bedeutet, dass sie persönlich die Probleme, Bedürfnisse und Herausforderungen, mit denen Menschen mit Beeinträchtigungen in der Gesellschaft konfrontiert sind, versteht.



Unsere Forschung zeigte, dass die meisten organisierten Veranstaltungen kulturell sind. Beispielsweise werden regelmäßig Schönheitsschulen für Menschen mit Beeinträchtigungen, inklusive Einkäufe, und Flashmobs organisiert. Es gibt auch viele Veranstaltungen, bei denen der Fokus auf dem Schutz der Rechte der Menschen mit Beeinträchtigungen liegt: Dazu gehören unter anderem Workshops bezüglich der eigenen Interessenvertretung und Gespräche mit Beamtinnen und Beamten, um die Sensibilität für die Bedürfnisse von Menschen mit Beeinträchtigungen zu erhöhen.



Äußerst spannend war während des Projekts die Interaktion mit den Behörden, da die Medien in der Ukraine häufig betonen, dass die Regierung für die Gesellschaft kein offenes Ohr hat. In unserem Interview wies Frau Dobrydina eine solche Behauptung jedoch zurück und erklärte, dass es schon eine sehr enge Zusammenarbeit mit den Behörden gebe. Ihrer Ansicht nach haben die Behörden manchmal einfach eine andere Sicht auf die Probleme und Lösungen, aber der Dialog zwischen dem öffentlichen und dem staatlichen Sektor finde selbstverständlich statt.



Zusätzlich zu ihren öffentlichen Aktivitäten übernimmt Valentyna Dobrydina einen Posten im Ausschuss für Barrierefreiheit der staatlichen Gebietsverwaltung von Černivci. Dieser Posten ermöglicht es ihr, in Regierungskreisen Lobbyarbeit zu betreiben und die Interessen des Nichtregierungssektors zu vertreten.



Frau Dobrydina bot uns an, uns einer Arbeitsgruppe der Gebietsverwaltung anschließen, die einen der Kreise unseres Gebiets (Sokyrjany) auf Barrierefreiheit und Zugänglichkeit für Menschen mit Beeinträchtigung zu überprüfen hatte. Wir waren uns sofort einig dieses Angebot anzunehmen, denn die Teilnahme an solch einer Inspektion bedeutete, tatsächliche Ergebnisse zu sehen, und sich nicht nur die Statistik von durchgeführten Aktivitäten durchzulesen. Die Inspektionskommission bestand aus drei Vertreterinnen und Vertretern des öffentlichen Sektors (Rollstuhlfahrerinnen und Rollstuhlfahrern), fünf Vertreterinnen und Vertreter des Barrierefreiheitsausschusses der staatlichen Gebietsverwaltung und fünf Vertreterinnen und Vertreter der örtlichen Behörde der inspizierten Stadt.

Während der Inspektion besuchten wir den Bau eines Kulturhauses und stellten fest, dass alle Standards den staatlichen Baunormen der Ukraine entsprochen haben. Dann gingen wir durch die Straßen der Stadt, wo wir bestimmte Hindernisse für Menschen mit Beeinträchtigungen identifizierten. Schließlich besuchten wir den örtlichen Krankenhauskomplex, der aus einer Abteilung für Infektionskrankheiten, einem allgemeinen Gebäude, einer Klinik und einem Kinderkrankenhaus bestand. Da das Gebäude vor nicht allzu langer Zeit errichtet wurde (2012), erfüllte es die meisten erforderlichen Zugänglichkeitskriterien. Man identifizierte jedoch die Unzugänglichkeit von Toiletten für Rollstuhlfahrerinnen und Rollstuhlfahrer, da die Breite des Durchgangs (60 cm) es nicht ermöglichte, barrierefrei in den Raum zu gelangen. Die Vorsitzenden der inspizierten Einrichtungen zeigten Einsicht bei den bestehenden Problemen, und die lokalen Behörden versprachen eine Finanzierung zu finden, um die vorhandenen Barrieren zu beseitigen.

Im Allgemeinen waren die im Rahmen des Projekts durchgeführten Recherchen sehr interessant, da sie nicht nur die Umsetzung des sogenannten „offiziellen“ Teils (Interviews oder Teilnahme an einer Arbeitsgruppe), sondern auch die Teilnahme an Kultur- und Freizeitaktivitäten und Freiwilligenarbeit umfasste. Dazu gehören die im Interview erwähnten Veranstaltungen und Flashmobs, Sportveranstaltungen und Schulungen. Den Schulungen möchte ich mehr Aufmerksamkeit schenken, da sie eine praktische Komponente im Zusammenhang mit der Umsetzung der Inklusion haben. Erwähnenswert sind auch die Schulungen für medizinische Fachkräfte, wo sie belehrt wurden, wie Menschen mit bestimmten Erkrankungen richtig behandelt werden können sowie die Workshops für die Vertreterinnen und Vertreter der Zentralen Wahlkommission der Ukraine wo die Umsetzbarkeit von Wahlrechten von Menschen mit Beeinträchtigungen besprochen wurden.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass wir in Černivci, aber auch in der Umgebung, eine starke und aktive öffentliche Gruppe von Menschen mit Beeinträchtigungen haben, die sich mit allen ihren Lebensbereichen auseinandersetzt und versucht, ihre Bedürfnisse gegenüber der Gesellschaft und der Regierung zu vertreten, die ihrerseits eine Bereitschaft zum offenen Dialog zeigen und versuchen, gemeinsame Lösungen für die bestehenden Probleme zu finden.