Familiensituationen für Kinder und Jugendliche mit Schwerst- und Mehrfachbehinderung während der Corona-Pandemie

Verfasst von Melanie Lux, Studentin der Sozialen Arbeit der Hochschule Kempten



Die Corona-Pandemie hat uns alle auf unterschiedliche Weise gefordert. Für manche hat jedoch ein besonders großer Einschnitt in die persönliche Lebensführung stattgefunden. In stationären Einrichtungen, wie dem Internat für Kinder und Jugendliche mit Schwerst- und Mehrfachbehinderung im Allgäu, mussten zum Schutz der Bewohnerinnen und Bewohner strenge Auflagen eingehalten werden. In den ersten Wochen der Corona-Maßnahmen bestand ein striktes Kontaktverbot. Dies bedeutete konkret:

  • Wer sich in der Einrichtung befand, durfte keinen physischen Kontakt zu außenstehenden Personen haben, nicht einmal zu den eigenen Eltern

  • Die Einrichtung durfte nicht verlassen werden, auch nicht für Spaziergänge und Einkäufe

  • Sollte sich ein Kind zeitweise bei den Eltern o. ä. aufhalten und anschließend wieder zurück in die Einrichtung wollen, wäre eine 2-wöchige Quarantäne notwendig, in der sich das Kind isoliert in einem Einzelzimmer aufhält

Mutter und Tochter


So mussten die Eltern gemeinsam mit ihren Kindern bzw. stellvertretend für ihre Kinder abwägen, ob diese während des Lockdowns im Internat oder Elternhaus bleiben sollen und können. Ein Teil der Internatsbewohnerinnen und Internatsbewohner hat den Zeitraum des Lockdowns bei den Eltern verbracht, was zu hoher familiärer Belastung (sowohl psychisch als auch physisch) geführt hat. Aber auch für den Teil der Bewohnerinnen und Bewohner, der die Zeitspanne im Internat verbracht hat, war die Belastung durch das Kontaktverbot zu Eltern und anderen Bezugspersonen sehr hoch. Im Folgenden werden zwei Interviews zur Situationsschilderung während des temporären Kontaktverbots im Frühling 2020 vorgestellt, welche mit Elternteilen von Internatsbewohnerinnen und Internatsbewohner durchgeführt wurden. Interview 1 wurde mit einer Mutter durchgeführt, die ihre Tochter über den Zeitraum des Lockdowns zu sich nach Hause geholt hat. Interview 2 wurde mit einer Mutter geführt, die während des Lockdowns von ihrem Sohn getrennt sein musste. Beide Interviews geben einen kurzen Einblick in die herausfordernde Problemlage bei der Abwägung von Schutz und Freiheit im Rahmen der Inklusion.



Interview mit Frau Eß 16:44 am 31.10.2020


Wie hat Ihre Abwägung ausgesehen, bevor Sie sich entschlossen haben, Ihre Tochter über den Zeitraum bei Ihnen zu behalten?



Wie viel Zeit hatten Sie, eine Entscheidung zu treffen?



Wie transparent war für Sie damals die Planung der Schutzmaßnahmen?



Wie war die Situation Zuhause für Sie und Ihre Tochter?



Auf einer Skala von 1-10, wie belastend empfanden Sie diese Zeit?



Gab es zusätzliche Unterstützungsmöglichkeiten?




Interview mit Frau Tanduo 07:10 am 04.11.2020


Betroffene Familie


Konnten Sie entscheiden, ob Sie Ihr Kind nach Hause holen oder ob es in der Einrichtung bleiben soll? Wie hat die Abwägung ausgesehen?



Wie war die Situation für Sie und Ihr Kind während der Kontaktbeschränkungen?



Auf einer Skala von 1-10, wie belastend empfanden Sie diese Zeit? (1 = gar nicht belastend, 10 = extrem belastend)



Welche Wünsche und Anregungen hätten Sie für die Zukunft?