Verfasserin: Kateryna Tkatsch, Studentin der Sozialen Arbeit an der Universität Černivci
Im Rahmen des Projekts habe ich versucht, die Probleme älterer Menschen zu erforschen, herauszufinden, wie verfügbar Dienstleistungen sind und Lösungen für Alltagsprobleme zu finden. In diesem Zusammenhang wurde eine recht umfangreiche Recherche durchgeführt.
Nach ukrainischer Gesetzgebung handelt es sich bei den Gruppen mit eingeschränkter oder geringer Mobilität, um den Teil der Bevölkerung, der Schwierigkeiten bei der eigenständigen Bewegung, bei der aktiven Wahrnehmung von Dienstleistungen, bei der notwendigen Information oder bei der Orientierung in der Umgebung hat.
Zu den Gruppen mit eingeschränkter Mobilität gehören: Menschen mit „Behinderungen“, Menschen mit vorübergehenden Gesundheitsstörungen, Schwangere, ältere Bürgerinnen und Bürger sowie Personen mit Kinderwagen.
Es ist so, dass zu diesen Gruppen eine erhebliche Zahl der Bevölkerung gehört. Insbesondere lag die Zahl der älteren Menschen 2018 laut statistischem Landesamt bei 11.725,4 Millionen ohne Berücksichtigung der besetzten Gebiete der Autonomen Republik Krim, Sewastopol und eines Teils der Gebiete Donezk und Lugansk.
Mobilitäts- oder Funktionseinschränkungen können für die Bürgerinnen und Bürger, die keine „Störungen“ oder „Behinderungen“ haben, ebenfalls zu Unannehmlichkeiten führen. Von dieser Position aus können sie auch als Gruppen mit eingeschränkter Mobilität betrachtet werden. Zum Beispiel, wenn sie ein unbekanntes Land oder eine unbekannte Gegend besuchen und sich nicht mit allen öffentlichen Verkehrsmitteln auskennen und eine Fremdsprache schlecht sprechen.
Ich habe ebenfalls im Rahmen des Projekts versucht, die Barrierefreiheit an verschiedenen öffentlichen Plätzen in der Stadt, in der ich wohne, zu analysieren, insbesondere wurde eine Reihe von Fotos gemacht. Man kann feststellen, dass sich im Allgemeinen recht deutlich die Verfügbarkeit und Unzugänglichkeit öffentlicher Plätze in den meisten Städten der Ukraine zeigt, da die Situation fast überall ähnlich ist.
Ein weiterer Aspekt der Forschung war ein Interview mit einer Vertreterin der Bevölkerunggruppe mit eingeschränkter Mobilität. Und so stellte sich heraus, dass die Person, mehrfach in ihrer Mobilität eingeschränkt ist.
Angefügt findet sich eine verkürzte Transkription des Interviews:
I: Erzählen Sie bitte über sich
Wira Chromychina: Ich heiße Wira Pylypiwna Chromychina. Ich bin 65 Jahre alt, davon bin ich seit mehr als 12 Jahren in der Behindertenrente. Ich gehöre zur Behindertengruppe 2, auf Grund einer onkologischen Erkrankung. Aber trotzdem versuche ich, mein Leben aktiv zu verbringen und immer Positives in allem zu finden. Wenn ich Freizeit habe und das Wetter gut ist, laufe ich oft durch den Wald oder Park. Ich habe auch viele Hobbys – zum Beispiel stricken. Meinen Sachen, die ich selber gemacht habe, schenke ich oft den Verwandten. Kurz gesagt, obwohl die Krankheit mein Leben sehr verändert hat, hat sie es nicht für immer durcheinandergebracht und ich konnte mich daran gewöhnen und weiterleben.
I: Haben Sie Schwierigkeiten bei der Sicherung Ihrer Rechte und Interessen? Welche?
Wira Chromychina: Ja. Zuerst, als ich diese Krankheit bekam, war es extrem schwierig, mich an die
Vorstellung zu gewöhnen, dass ich nicht mehr zu meinem früheren Lebensstil
zurückkehren konnte. Ich musste meine Arbeitsstelle verlassen, die ich wirklich liebte
und die ich gut machte. Es war auch schwierig, sich an die Vorstellung zu gewöhnen,
dass die früheren Möglichkeiten nicht zurückkehrten. Dasselbe betraf meine Rechte.
Und ich hatte Schwierigkeiten, mich als Mensch mit „Behinderung“ zu registrieren –
außerdem hat mir niemand dabei geholfen. Um meinen Status als Mensch mit
„Behinderung“ zu bestätigen, musste ich in die Gebietsklinik gehen. Zu diesem
Zeitpunkt fühlte ich mich wirklich schlecht, es war auch Sommer und wegen der hohen
Temperatur war die Luft immer heiß. Außerdem hatte ich nicht das Geld, um einen
Transport für die Reise zu mieten, weil ich alles für die medizinische Versorgung
ausgegeben hatte, und deshalb war es notwendig, einen Bus zu benutzen, in dem es
auch nicht bequem war.
Aufgrund meiner Behinderung zweiten Grades habe ich das Recht, an
Warteschlangen vorbei zu gehen. Allerdings mache ich das nicht, da der Grund nicht
ersichtlich ist, da man mir meine Behinderung optisch – außer einem blassen Teint –
nicht ansieht.
I: Welche Dienstleistungen stehen Ihnen in sozialen Einrichtungen zur Verfügung?
Wira Chromychina:Tatsächlich bietet der Staat fast keine sozialen Garantien und Dienstleistungen für Menschen mit „Behinderungen“, wie ich sie habe. Ich bekomme nur im öffentlichen Nahverkehr freie Fahrten, 50 Prozent Rabatt auf den Fernverkehr, aber dieser Rabatt ist nur von September bis Mai gültig und wird nicht im Sommer zur Verfügung gestellt. Der Staat bietet auch Rabatte auf Medikamente, aber nur bei welchen, die vom Arzt oder einer Ärztin verschrieben wurden.
I: Teilen Sie Ihre Erfahrungen darüber, wie Sie Informationen über die Dienstleistungen erhalten, die der Staat machen soll.
Wira Chromychina: Ich habe vor der Krankheit in einer öffentlichen Einrichtung gearbeitet, weswegen es für mich ganz einfach ist, die Informationen zu erlangen, die ich brauche. Im Internet finde ich die notwendigen Unterlagen, gehe zu den Webseiten der sozialen Einrichtungen und der Stadtverwaltung. Auch habe ich viele soziale Netzwerke, die ebenfalls helfen, herauszufinden, was man braucht. Generell erfahre ich alles über das Internet, aber die Medien leisten dafür auch einen erheblichen Beitrag.
I: Wurde die Verfügbarkeit von Diensten während der Quarantäne beibehalten?
Wira Chromychina: Eigentlich hatte ich während der Quarantäne schon die Möglichkeit mich unweit frei zu bewegen – in den Laden in meinem Haus oder in die Apotheke. Und da die Busse nicht die ganze Zeit gefahren sind, war es schwierig, irgendwo weiter als hundert Meter zu kommen, zum Beispiel zum Krankenhaus. Um zum Beispiel einen Rabatt auf Medikamente zu erhalten, war es auch notwendig, sich weiter von der Klinik zu entfernen, und das war nicht immer einfach. Ich kann also nicht sagen, dass die Zugänglichkeit in dem Maße vorhanden war, wie ich sie gebraucht hätte.
I: Stehen Ihnen derzeit die Dienstleistungen medizinischer Einrichtungen, der Abteilung für Sozialschutz usw. ebenso wie Freizeiteinrichtungen, Rastplätze usw. zur Verfügung?
Wira Chromychina: Sie sind für mich verfügbar. Aber es hängt von meinem Wohlbefinden und von der Gesundheit ab. Wenn ich mich unwohl fühle, kann ich ein geplantes Treffen mit Freundinnen und Freunden, Familie, in einem Geschäft oder in der medizinischen Einrichtung absagen. Außerdem fährt der öffentliche Nahverkehr in meiner Stadt nicht mehr so regelmäßigwie früher und deshalb ist es schwierig, rechtzeitig irgendwo hinzukommen.
Folglich sind Bevölkerungsgruppen mit eingeschränkter Mobilität im Vergleich zu anderen Menschen anfälliger, da sie Schwierigkeiten, die sie aufgrund ihres Zustands und ihrer nicht barrierefreien Umgebung haben, oft von der Hilfe oder Toleranz Anderer abhängig machen.