Inklusion?! Umgang mit Behinderung in Geschichte und Gegenwart in der Ukraine und Deutschland

Verfasserin: Manuela Lupo, Studentin der Sozialen Arbeit an der Hochschule Kempten



Thema: Inklusion und Teilhabe von älteren Menschen/Senioren über Projekte wie „Die Generationsbrücke“ oder Mehrgenerationenhäuser

„Hier wird nicht über ältere Menschen geredet, sondern mit ihnen!“ (Prof. Kruse 2016)

Senioren und Kinder kommen regelmäßig und verbindlich zusammen, spielen miteinander, lachen gemeinsam und lernen so gemeinsam neues, lernen voneinander und übereinander. Durch abgebaute Berührungsängste und Vorurteile kann Inklusion bewirkt werden. Die Generationen können sich wechselseitig zum Vorbild werden.

Aktuell wird auch nach dem Vorbild der Generationsbrücke Deutschland (Sozialunternehmen, Gründer Horst Krumbach) in einigen Alten- und Pflegeheimen in Kooperation mit Kindertagestätten oder Schulen gearbeitet. Im Oberallgäu bietet u.a. der Verein „Miteinander im Oberallgäu e.V.“ die Möglichkeit, sich bei der Umsetzung des Seniorenpolitischen Gesamtkonzeptes zu engagieren und v.a. das generationenübergreifende Zusammenleben zu fördern und hierfür Begegnungsstätten für Jung und Alt zu geschaffen. Es finden gemeinsame Projekte mit Senioren und Kindern statt, bei denen gesungen, gemalt, kreativ gestaltet, erzählt und sich bewegt wird.

Begrüßenswert ist die Implementierung generationenübergreifender Partizipationsprojekte in die Altenpflege, da teilhabeförderliche Sozialraumstrukturen auch für die Lebensqualität betagter Menschen wichtig sind. Kontakte im Rahmen solcher Projekte bieten für Jung und Alt ein enormes Potenzial - für die Lebensqualität, Bilder vom Altern und vom Miteinander. Darüber hinaus wird die öffentliche Wahrnehmung von stationären Einrichtungen durch die Integration der Mehrgenerationenperspektive substanziell verändert. So entstehen im Rahmen solcher Projekte nicht nur Sensibilität für gegenseitige Bedürfnisse der Generationen, die Synergieeffekte scheinen immens. Das Gefühl der Generativität wird gestärkt, da Wissen weitergegeben werden kann, das Gefühl gebraucht zu werden, die Selbstwirksamkeit gestärkt und die Kinder können lebenspraktisches Wissen gewinnen. Durch die Begleitung und Anleitung von gerontologischem, wie pädagogischem Fachpersonal kann kompetent, sensibel und engagiert auf die Bewohner und die Besucher eingegangen und somit Lebensqualität und Lebensfreude gefördert werden. Vertreter der Sozialen Arbeit sind hier in Ihrer Rolle als Multiplikatoren gefordert, denn gute Netzwerkarbeit ist entscheidend.

Während der Planungsphase eines intergenerationellen Projektes sollten die unterschiedlichen konzeptuellen Möglichkeiten reflektiert werden, der Fokus des Projektes und die Art und Weise, wie die Generationen zusammengeführt, bestimmt werden. In der Praxis sind die Grenzen zwischen den Feldern eher fließend, so dass die Generationen auch von und über die anderen Generationen lernen können, wenn das miteinander lernen im Vordergrund des Projektes steht. So kann beispielsweise über den Besuch einer Ausstellung miteinander etwas über Kunst und Geschichte und später voneinander Techniken der Gestaltung und Spaß an der Kreativität beim gemeinsamen Gestalten von Bildern gelernt werden.

Offensichtlich sind die Bemühungen zur Implementierung generationenübergreifender Projekte noch eher ein Nischenthema. Glücklicherweise werden auch immer mehr private Investoren tätig und gründen Mehrgenerationenhäuser, um die Inklusion älterer Menschen durch diese besondere Wohnform voranzutreiben. So auch Hubert Frommknecht aus Weitnau im Oberallgäu. Mit ihm durfte ich am 13.11.2020 ein Interview zum Thema „Inklusion älterer Menschen durch die Errichtung eines Mehrgenerationenhauses“ führen – Corona bedingt per Telefon. Eingangs stellte ich ihm die Frage, was ich mir unter seinem Konzept, dem Mehrgenerationenhaus in Weitnau vorstellen kann, die mir wie folgt beantwortet wurde:

Hubert Frommknecht: Es entstehen gerade acht Wohneinheiten. Fünf mit ca. 50 - 70 qm und drei große Wohneinheiten für Familien mit Kindern zwischen 100 und 150qm. Wir bieten das an, wir finden das ist ein super cooles Konzept, was wir uns da ausgedacht haben, dass die alten Menschen, den jungen Familien unter die Arme greifen können und so Kontakt zu Kindern und jungen Leuten haben, wenn die eigenen Kinder wegen der Arbeit weggezogen sind. Was sich dann daraus ergibt, wie sich das entwickelt, wenn wir fertig sind, das muss man sehen. Wir haben vor uns dann mit den Leuten ca. einmal im Monat zusammenzusetzen, auf Kaffee, Kuchen oder Bier, was auch immer, damit sich die Leute kennenlernen. Das man auf die Bedürfnisse eingehen kann. Zum Beispiel, "Ich muss zum Doktor, wer kann auf meine Kinder aufpassen?", oder " Ich fahre Freitag zum Einkaufen, wer möchte mit, was kann ich mitbringen?" Das finden wir ganz wichtig.

I: Was umfasst das Projekt weiter?

Hubert Frommknecht: Das sind diese acht Wohneinheiten, Ladenfläche, da geht wahrscheinlich der örtliche Bäcker mit rein, dann geht eine Friseurin mit rein. Was wir noch suchen, wäre jemand für den Gastrobereich, wir würden auch gerne einen Mittagtisch anbieten, auch für die Weitnauer Gemeinde, man könnte Kaffee und Kuchen machen und, und, und.

I: Wann soll das Mehrgenerationenhaus fertiggestellt sein?

Hubert Frommknecht: Ende nächstes Jahr.

I: Wann ist das Projekt gestartet?

Hubert Frommknecht: Schon letztes Jahr. Wir hatten früher eine Landwirtschaft mit Wirtschaftsgebäude mitten im Dorf. Gemeinsam mit meinem Sohnemann, den habe ich jetzt angestellt, bauen wir jetzt um. Zusammen mit einem Maurer, Elektriker, Heizungsbauer, die uns da unterstützen. [...]. Da kann man zusammen schnell Probleme beheben oder Fragen klären. So hoffen wir, dass wir die Kosten von der ganzen Sache halten können.

I: Beziehen Sie Fördergelder?

Hubert Frommknecht: Da bin ich von Pontius bis Pilatus gelaufen, es gibt schon Fördergelder, aber nur für 0815 Häuser, wir haben Herrn Söder angeschrieben, bei "Quer" angefragt, aber da traut sich irgendwie keiner ran. Wenn wir eine Kommune wären, würden wir um die 40% an Fördergeldern bekommen.

I: Aber Sie als privater Investor fallen da raus.

Hubert Frommknecht: Ja genau. Man hat auch das Gefühl, das sich da niemand dafür interessiert, drum wundert es mich auch, dass ihr davon wisst.

I: Ja, wir sind im Rahmen einer Seminararbeit und des „Meet-Up Projekts“ darauf gestoßen. Ausgehend von der "Studie Heimat im Alter" habe ich Recherche betrieben und bin auf Sie gestoßen.

Hubert Frommknecht: Erst hatten wir betreutes Wohnen im Sinn und dann habe ich einen Bericht über Dänemark gesehen, wo die alten Menschen bis zur letzten Reise in so einem Mehrgenerationenhaus zuhause leben können.

I: Es profitieren ja wirklich alle von so einer Wohnform. Die älteren Menschen sind in die Gesellschaft integriert in ihrem Umfeld, haben eine Aufgabe und Anschluss, die Familien haben Leih-Oma und -Opa vor Ort, Ladenfläche, Kaffee, Bäcker, alles im Komplex und das mitten in Weitnau.

Hubert Frommknecht: Genau. Das war auch ein Aspekt, nicht auf der grünen Wiese, sondern mitten in Weitnau und wir bauen auf einem bestehenden Grundstück und quasi Energieautark. Weit durchdacht dieses Projekt.

I: Ist die Gemeinde involviert?

Hubert Frommknecht: Die Gemeinde ist zwar sehr froh, dass wir da was machen, aber leider gibts da keine finanzielle Unterstützung. Die neue Landrätin habe ich auch schon kontaktiert und dann kam eine Email von jemand aus der Diakonie, der nochmal Rücksprache halten wollte und dann kam Corona. Wir haben jetzt alles auf eine Karte gesetzt und ziehen das durch.

I: Das ist meiner Meinung nach das Modell der Zukunft.

Hubert Frommknecht: Ich denke auch, wir haben schon sechs Wohnungen von acht vermietet.

I: Was gibt es denn sonst noch für Inklusionsbemühungen im Ort? Vielleicht monatliche Treffen oder ähnliches.

Hubert Frommknecht: Aktuell weiß ich nichts, aber das wäre dann bei uns ja die Option mit dem Gastrobereich, dass man sich da trifft. Also mitten im Dorf, fast für alle zu Fuß erreichbar, da ist Platz, genau für solche Sachen. Da kann alles entstehen!

I: Ich freue mich sehr, dass ich im Rahmen des Meet-Up Projektes euer Mehrgenerationenhaus in Weitnau bekannt machen kann! Gibt es denn einen besonderen Namen?

Hubert Frommknecht: Für das Projekt haben wir eine GbR gegründet, es soll Mehrgenerationenhaus heißen. Vielleicht finden sich ja noch Interessenten für den Gastrobereich, das wäre super!

I: Vielleicht konnten wir mit unserem Projekt ja dazu beitragen. Vielen Dank für das interessante Gespräch und alles Gute für das Mehrgenerationenhaus!