Was ist eigentlich Disability History? Expertinneninterview mit Prof. Gabriele Lingelbach

Verfasserinnen: Marie Huckenbeck und Anja Volkwein, Studentinnen an der Universität Augsburg



Im Rahmen des Projektes „Inklusion?! Umgang mit Behinderung in Geschichte und Gegenwart in der Ukraine und Deutschland" haben die Studentinnen Marie Huckenbeck und Anja Volkwein Prof. Gabriele Lingelbach zum Thema Disability Studies und Disability History interviewt. Prof. Lingelbach ist Professorin für Geschichte des 19. bis 21. Jahrhunderts an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel. Sie gilt als eine die führenden Expertinnen auf dem Gebiet der Disability History.


Transkript des Interviews


I1: Frau Professor Lingelbach, Sie gelten als eine der führenden Expertinnen auf dem Gebiet der Disability Studies und haben auch in der Vergangenheit sich vor allem mit der sogenannten Disability History auseinandergesetzt. Was genau kann man sich unter diesem doch noch sehr jungen Forschungsfeld vorstellen?

B: Also ganz grob gesagt, geht es im Grunde genommen bei der Disability History um die Geschichte von Menschen mit Behinderungen von der Antike bis zum 20. Jahrhundert. Und zwar mit verschiedenen Perspektivierungen. Also einerseits geht es um den gesellschaftlichen Umgang mit Menschen mit Behinderungen, also beispielsweise um die Frage wie Menschen mit Behinderungen in den Arbeitsprozess integriert waren, oder ob sie beispielsweise in separierten Einrichtungen lebten oder auch in normale gesellschaftliche übliche Zusammenhänge integriert waren. Und ganz stark beschäftigt sich die Disability History immer mit der Frage inwieweit Menschen mit Behinderung ihre Lebenslagen, ihre Lebensumstände selber bestimmen konnten oder eben ob tatsächlich eher andere über sie entschieden haben. Und ein weiteres Thema ist sicherlich auch bei der Disability History die gesellschaftliche Konstruktion von Behinderung, also die Frage welche Vorurteile, welche Stereotypen, welche gesellschaftlichen Bilder existierten eigentlich zu unterschiedlichen Zeitpunkten in der Geschichte über Menschen, die ANDERS waren, oder aus der Normalität herausgefallen sind. (...)

I2: Wie sind Sie denn überhaupt zu diesem Themenbereich gekommen oder was interessiert sie denn besonders daran?

B: Also ich selber komme eigentlich eher aus der Sozialgeschichte, das heißt aus einer Forschungszeit der Geschichtswissenschaft, die sich mit gesellschaftlicher Ungleichheit beschäftigt hat. Und früher in den 60iger 70iger Jahren hat man sich eher eben beispielsweise mit den Unterschieden zwischen Klassen oder sozialen Schichten beschäftigt, dann zunehmend eben auch mit Unterschieden zwischen Geschlechtern und dann kam in der Sozialgeschichte dann zunehmend auch die Unterscheidung und die Untersuchung von gesellschaftlicher Ungleichheit im Hinblick auf ethnischen Hintergrund nennen wir das mal in Anführungszeichen. Und aus dieser Interessenlage aus sozialer Ungleichheit, ist dann eben mein Interesselage an der Ungleichheit zwischen, nennen wir es mal als normal betrachteten Menschen und als behinderten Menschen, entstanden. Also, das heißt im Grunde genommen, kommt das / finde ich das interessante eigentlich an diesem Ansatz, wie entsteht eigentlich soziale Ungleichheit zwischen Menschen, die als behindert gelten und zwischen Menschen, die als normal gelten.

I1: Warum kann es dann gerade für uns als HistorikerInnen spannend sein wie in der Vergangenheit mit Behinderung umgegangen ist, also warum sollte man sich dezidiert als HistorikerIn damit auseinandersetzen und eben nicht als beispielsweise als Sozialwissenschaftler?

B: Weil gerade der Einblick in die Geschichte eigentlich aufzeigt, wie kontingent, wie aber auch kontextuell definiert Behinderung sein kann, das heißt in früheren Gesellschaften hat man gegebenenfalls Menschen mit Behinderung ganz anders betrachtet, ganz anders definiert, hat einen ganz anderen gesellschaftlichen Umgang damit gehabt. Und hat gegebenenfalls beispielsweise auch bestimmte Gruppe, die heute als behindert gelten würden, gar nicht als behindert betrachtet. Und auf diese Art und Weise kommt das eben auch zu einer Einsicht in die Historizität von Behinderung und damit eben auch sozusagen um die Wandelbarkeit und gesellschaftliche Konstruiertheit. Und das heißt, wer sozusagen in die Geschichte guckt, kann das dekonstruieren was als normal gilt oder was als behindert gilt.

I2: Anknüpfend an die vorherige Frage gerade nochmal: Welches Interesse ergibt sich denn für die Gesellschaft an der Thematik, wie in der Vergangenheit mit Behinderung umgegangen wurde?

B: Das ist im Grunde genommen / also das, was ich auch gerade eben schon sagte, das ist diese Erkenntnis von der Konstruiertheit, das heißt wenn wir in der heutigen Gesellschaft eben bestimmten Menschen das Label Behinderung zuweisen, können wir ja als HistorikerInnen immer sagen "Vielleicht sollten wir vorsichtig sein", vielleicht ist das sozusagen tatsächlich nur eine Konvention, die wandelbar ist und auf diese Art und Weise können wir eben auch sozusagen die Offenheit auch stärker betonen und damit gegebenenfalls eben auch rigide Stereotypen, wie sie zur Zeit in der Gesellschaft eben existieren, gegebenenfalls auch aufbrechen. (...)

I1: Dann zur nächsten Frage. Das Thema Behinderung wird international sehr unterschiedlich behandelt und unterschiedlich erforscht. Aus Ihren bisherigen Beiträgen zur Disability History kann man entnehmen, dass es sich gerade hier in Deutschland um ein eher neues Forschungsgebiet, aber seit wenigen Jahren auch expandierendes Forschungsgebiet handelt. Wie kommt das, dass es da so einen Wandel gegeben hat?

B: Also zum einen muss man sagen, dass tatsächlich die deutsche Geschichtswissenschaft ein bisschen hinterher hing mehrere Jahrzehnte lang kann man sagen, was daran liegt, dass eben tatsächlich, das hatte ich vorhin schon angesprochen, eben die Geschichte von sozialen Klassen sehr sehr lange Zeit in der Forschung im Vordergrund stand. Und das heißt also diese sogenannte Biederfelder Schule der Sozialgeschichte kam eher sozusagen aus einem Denken, das auch von Karl Marx oder auch von Max Weber auch dominiert war, wo eben dieses große Interesse für soziale Ungleichheit bei Klassen und Schichten herkam. Und das heißt, dann hat man dementsprechend eben auch andere soziale Ungleichheitskategorien lange Zeit vernachlässigt. Und das hat man in Deutschland eigentlich erst gemerkt als dann der intellektuelle Austausch auch insbesondere mit anglo-sächsischen und amerikanischen Historikern intensiver wurde, wo eben dann tatsächlich auch in Deutschland klar war: Okay, da ist eine Forschungsrichtung seit mehreren Jahren schon in den USA etabliert, die es hier noch im Grunde genommen gar nicht gibt. Aber vielleicht ist noch viel wichtiger, dass die deutsche Geschichtswissenschaft eben lange Zeit von weißen, nichtbehinderten Männern dominiert war. Und die haben wenig Interesse dafür gehabt sich mit der Geschichte von nichtweißen, nichtbehinderten Nichtmännern auseinander zu setzen. Und dadurch, dass eben die Geschichtswissenschaft jetzt in Deutschland mittlerweile auch pluraler geworden ist, würde ich sagen, generiert das natürlich auch ein Interesse dafür, wie eben beispielsweise eben auch nichtweiße Menschen eine Geschichte hatten, aber in unserem Fall dann gegebenenfalls eben auch behinderte Menschen, wobei ich nicht sagen will, dass es viele behinderte Menschen in den Reihen der deutschen Professoren gibt, sondern, dass es dann eher bei der Sozialarbeit der Fall, wo es eben sehr viele / oder nicht sehr viele, es gibt mehrere ProfessorInnen, die eben auch tatsächlich behindert sind, dass es in der deutschen Geschichtswissenschaft noch nicht der Fall.

I2: Frau Dr. Lingelbach, unser Projekt speziell beruht ja auf einer Zusammenarbeit zwischen Deutschland und der Ukraine und da wäre meine Frage an Sie: Welche Fragen hätten Sie denn an ukrainische GeschichtswissenschaftlerInnen?

B: Dadurch, dass ich eher eine Spezialistin zur bundesrepublikanischen Behindertengeschichte bin, interessieren mich besonders eben sozialistische Gesellschaften. Also mich würde besonders stark interessieren, ob es einen spezifischen sozialistischen Umgang mit Menschen mit Behinderung gab vor dem Hintergrund, dass ja sozialistische Gesellschaften auch sich sehr stark um Arbeit herum konfiguriert haben. Und eben auch die gesellschaftliche Position des Einzelnen sehr stark über Arbeit definiert war. Und das ist natürlich dann für die Geschichte vom Menschen mit Behinderung sehr sehr spannend, inwieweit eben da andere Formen von Diskriminierung oder auch Förderung beispielsweise in sozialistischen Gesellschaften bestanden haben und daraus gegebenenfalls eben auch ein spezifischer sozialistischer Umgang, gesellschaftlicher Umgang, aber vielleicht auch eine spezifische Form von Lebenslagen von Menschen mit Behinderungen, eben in sozialistischen Gesellschaften existierten. Und das wäre sozusagen ein besonderes Interesse, weil ich tatsächlich von der Forschungslage den Eindruck habe, dass eben tatsächlich die Nachkriegsgesellschaft nach 1945 noch nicht so stark untersucht worden sind im osteuropäischen Raum wie das eben jetzt beispielsweise in eher westeuropäischen Gesellschaften der Fall ist.

I1: Gerade in der Ukraine ist meines Wissens nach / oder unseres Wissens auch echt noch sehr wenig zu der gesamten Thematik geforscht wurden und da wäre auch unsere Frage, inwiefern dann solche internationalen Ansätze, wie eben unser Projekt (zeigt?), also eben, dass sich gerade Deutschland und die Ukraine zusammentun und da eine internationale oder auch komparative Studie auch ziehen. Inwiefern solche internationalen Ansätze dann für die Thematik Behinderung und Inklusion wichtig sind?

B: Genau. Im Grunde genommen auf zweierlei Ebenen. Zum einen eben das sprachen Sie ja auch schon an, ist eben der Vergleich. Das betont eben auch nochmal, das, was ich vorhin schon gesagt habe, diese Kontextualität und Historizität von Behinderung, weil natürlich gerade, wenn man es / wenn man die Lebenslagen und den gesellschaftlichen Umgang mit Menschen mit Behinderung in anderen Gesellschaften vergleicht, kann man ja genau nochmal auch das herausarbeiten, dass es eben / dass es jeweils kontextuell unterschiedlich ist, wie mit Menschen mit Behinderung umgegangen wird. Der zweite Aspekt finde ich besonders eben auch die transnationale Geschichte. Von auch Disability History nochmal zu betonen, also inwieweit gab es denn beispielsweise Kontakte über die Ländergrenzen hinweg. Das ist im sozialistischen Bereich sicherlich auch eben beispielsweise Kontakte zwischen sowjetischen und ukrainischen oder eben auch ostdeutschen Spezialisten und ExpertInnen, aber auch eben was die transnationale Geschichte angeht dann beispielsweise eben auch die transnationale Vernetzung von Menschen mit Behinderungen selber: Wie sie sich eben über Grenzen hinweg ausgetauscht haben über ihre Lebenslagen, das ist würde ich sagen nochmal ein ganz wichtiger Punkt, den man auch nochmal eben tatsächlich in internationalen Forschungszusammenhängen untersuchen sollte.

I2: Anknüpfend an das, was Sie jetzt gesagt haben, dass das in der Zukunft noch mehr erforscht werden sollte. Welche Lücken gilt es denn grundsätzlich in den Disability Studies oder vor allem auch in der Disability History, von denen Sie das Gefühl haben, die sollten irgendwie noch geschlossen werden?

B: Das kommt ein bisschen darauf an. Also, man kann einerseits sagen, dass es bestimmte Epochen gibt, die weniger untersucht worden sind als andere. Also zum Beispiel ist die Zeitgeschichte mit Menschen mit Behinderung schon relativ intensiv erforscht, wo wir aber beispielsweise sehr wenig wissen ist die Antike beispielsweise oder auch das 19. Jahrhundert, die eben / das sind zwei Epochen, wo wir noch relativ wenig wissen. Die anderen Forschungslücken beziehen sich eher auf Behinderungsarten und auch Behinderungsursachen. Also wir wissen zum Beispiel relativ viel über die Geschichte von Kriegsinvaliden, weil das eben auch eine gesellschaftliche Gruppierung war, die relativ viel Aufmerksamkeit in zeitgenössischen Zusammenhängen auf sich gezogen hat und dementsprechend auch viele Quellen produziert hat beispielsweise. Aber wir wissen beispielsweise relativ wenig über die Geschichte von Sinnesgeschädigten, also gerade so beginnt die Forschung zu tauben Menschen, da passiert auch im osteuropäischen Raum einiges an Forschung. Aber beispielsweise wissen wir weniger über blinde Menschen. Sehr stark ist die Forschungslücke auffällig im Bereich von Menschen mit geistigen Behinderungen. Wer die Psychiatriegeschichte schon relativ intensiv untersucht worden ist, haben wir relativ wenig Wissen um Menschen mit geistiger Behinderung, das liegt natürlich auch an er Quellenlage, weil eben ja die Disability History eigentlich immer versucht Menschen mit Behinderung auch als Subjekte ihrer Geschichte wahrzunehmen und deswegen suchen wir ja immer eben auch nach Quellen, die eben von Menschen mit Behinderungen selber stammen. Das ist bei der Erforschung von Menschen mit geistiger Behinderung schwierig, weil sie eben wenig schriftliche Quellen hinterlassen haben und das heißt da sind wir auf oral history Interviews angewiesen, das auch sehr schwierig ist und natürlich dann auch wiederrum die Zeitgeschichte dann bevorzugt gegenüber früheren Epochen, weil wir dann natürlich keine lebenden Zeitzeugen mehr haben. Also insofern gibt es sicherlich viele Forschungen beispielsweise auch zur Geschichte von Heimen, weil da auch eine große schriftliche Überlieferung da ist, aber wir wissen beispielsweise sehr viel weniger über die Alltagsgeschichte von Menschen außerhalb von Heimen, auch das beispielsweise in Familien, da wissen wir relativ wenig darüber. In Kiel haben wir jetzt mehrere Projekte, die sich eben mit der Familiengeschichte von Menschen mit Behinderung auseinandersetzen, aber ich würde immer noch sagen Alltagsgeschichten, Mikrogeschichten, da haben wir noch ein deutlicher Nachholbedarf. (...)

I1: Was würden Sie denn sagen sind denn die Potentiale für dieses Themengebiet in der Zukunft, also wenn wir jetzt dann halt quasi / wie wird die Forschung sich in nächster Zeit entwickeln? Welche Potenziale kann man da vielleicht jetzt schon absehen?

B: Also ich denke schon wieder zum einen, dass wir sehr stark eher in die Mikrogeschichte und in die Alltagsgeschichte hineingehen werden. Was wir in der zukünftigen Zukunft wahrscheinlich auch stärker machen werden sind transnationale Vergleiche, das sagte ich ja auch eben gerade schon. Das ist ein unheimliches spannendes Thema, weil wir da eben auch noch sozusagen wichtige Fragestellungen die, die Disability History umtreibt nochmal genauer beantworten können. Wo ich glaube, wo wir hingehen sollten, wären Quelleneditionen. Das wir eben auch tatsächlich mehr Unterlagen haben, Quellen haben, schriftliche, aber eben auch visuelle Quellen, die wir beispielsweise dann auch im universitären Unterricht oder im schulischen Unterricht untersuchen können, auch da haben wir ja in Kiel erste Ansätze, dass wir eben eine Webpage haben mit ersten Quellen, aber die beziehen sich jetzt noch auf die Zeitgeschichte. Und ich denke da ist viel zu holen, dass wir eben auch für den schulischen und universitären Unterricht eben auch beispielsweise epochenübergreifend eben nochmal Quellenkombinationen zusammenstellen, wo vor allen Dingen auch darauf geachtet werden sollte, dass eben auch Quellen aus der Feder von Menschen mit Behinderungen selbst in den Vordergrund gerückt werden sollen, so dass eben auch genau diese Forderung "Nothing about us without us", die ja immer auch über / bei jedem Historiker, der sich mit Menschen mit Behinderungen beschäftigt ja auch im Hinterkopf immer da ist, dass da wir eben auch darauf achten sollten, dass wir dann dementsprechend auch bei der Zusammenstellung von Quellen sehr stark darauf achten sollten, dass wir eben diese O-Töne in Anführungsstrichen miteinbeziehen.

I2: Zum Abschluss noch eine Frage: Welche Ratschläge würden Sie uns Studierenden denn mit auf den Weg geben, wo wir ja noch ganz am Anfang mit unserer historischen Beschäftigung mit Behinderung stehen? Was würden Sie uns raten?

B: Vorsichtig zu sein und sehr lange nachzudenken dahingehend, dass die Disability History eigentlich von zwei unterschiedlichen Forschungsmeinungen geprägt ist. Wir haben auf der einen Seite eine große Gruppe von HistorikerInnen, aber eben auch SozialforscherInnen, die sehr stark betonen, dass Disability History so wie die Disability Studies auch, die Aufgabe haben zur Emanzipationen von Menschen mit Behinderung beizutragen oder eben auch zur gesellschaftlichen Akzeptanz von Menschen mit Behinderungen beizutragen, das heißt da ist ein normativer, auch aktivistischer Anspruch in der Disability Studies mit drin, die auch sehr stark von Menschen getragen wird, die selber ja aus der Neuen Sozialen Bewegung von Menschen mit Behinderung kommen. Und diese sozusagen den gesellschaftlichen Veränderungsanspruch in dieses Feld hineintragen. Und auf der anderen Seite gibt es eben eine Gruppe von HistorikerInnen oder eben auch SozialwissenschaftlierInnnen, die hier eher skeptisch sind. Und die sagen, dass die Disability Studies und History genauso wie jeder andere Forschungsrichtung auch, eigentlich eben nicht geleitet werden sollte von Parteilichkeit oder von normativen Ansprüchen, die sicherlich konzedieren, dass die Geschichtswissenschaft beispielsweise auch eine Orientierungsfunktion für Gegenwartsgesellschaft hat, aber eben NICHT sagen, das stehts und immer jede Forschung dazu beitragen muss, eben diesen Emanzipationsanspruch gerecht zu werden. Und ich würde sagen JEDER und JEDE HistorikerIn, die sich in dieses Feld begibt, muss sich mit dieser Frage auseinandersetzen und muss sich selber fragen: Wo stehe ich hier eigentlich? Bin ich eher sozusagen jemand, der die Autonomie von Wissenschaft betont? Und sagt: Nein, das ist ein Forschungsfeld wie andere Forschungsfelder auch, ohne eben einen direkten aktivistischen Anspruch ODER reihe ich mich ein in die Gruppe derjenigen, die sagt: Meine Forschungen sollen dazu da sein, eben zur Emanzipation von Menschen mit Behinderungen beizutragen. Und das ist glaube ich wirklich eine Entscheidung, die jeder für sich treffen muss, weil das Feld hier sehr stark in diese zwei Gruppen aufgespalten ist, was nicht bedeutet, dass wir nicht miteinander reden können, aber das wir von unterschiedlichen Richtungen auf dieses Feld zugreifen und dann immer mal wieder auch eine Grundsatzdebatte haben, die durchaus auch mal intensiv sein kann. (...)

I1: Ich denke mal, dass wir vielleicht dann im Laufe unseres Projekts, also das läuft ja jetzt noch zwei Monate, darauf stoßen werden auf die beiden Seiten. Dann auf jeden Fall vielen Dank, dass Sie sich die Zeit genommen haben.

I2: Ja, vielen Dank.

I1: Und mit uns gesprochen haben. Es war auf jeden Fall sehr aufschlussreich und ich finde ein richtig guter Einstieg für unser Projekt.

I1: Genau, also in dem Fall Dankeschön.

B: Ich danke Ihnen auch für die wunderbare Vorbereitung und ich hoffe, dass Sie wunderbare Forschung in Augsburg machen werden und willkommen in der Disability history, es ist ein tolles Thema.

I2: Genau, dann beende ich jetzt die Aufzeichnung.